Nach den Wahlerfolgen der AfD bei den vergangenen Landtagswahlen und dem Zulauf, den die Pegida-Demonstrationen in den letzten Monaten verzeichnen konnte, hat die DL21 am 16. März 2015 im Rahmen der Reihe DL-Dialog zu einer Podiumsdiskussion ins taz-Café eingeladen. Unsere PodiumsteilnehmerInnen waren Dr. Maja Lasic (stv. Vorsitzende der AG Migration und Vielfalt der SPD Berlin und Mitglied im Landesvorstand der Berliner SPD), Sebastian Friedrich (Publizist und Autor des Buches: „Der Aufstieg der AfD. Neokonservative Mobilmachung in Deutschland“) und Timo Reinfrank (Amadeu Antonio Stiftung und Vorsitzender des Vereins für demokratische Kultur in Berlin e.V.).
Zu Beginn machte die DL21-Vorsitzende Hilde Mattheis nochmal deutlich, dass nicht nur Pegida und andere in Deutschland, sondern in ganz Europa rechtspopulistische Bewegungen auf dem Vormarsch sind. Dies solle uns allen schwer zu denken geben und uns noch stärker für das Thema sensibilisieren. Daher seien die Internationalen Wochen gegen den Rassismus, die in dieser Woche weltweit begangen werden, bei uns wichtig und aktuell wie schon lange nicht mehr.
Zunächst ging es um die Frage, warum Pegida und AfD derzeit so stark sind. Sebastian Friedrich, der die AfD als rechtspopulistische Partei mit Überschneidungen zu Pegida einordnete, erklärte sowohl AfD als auch Pegida seien Teil eines größeren Phänomens: nämlich dem Erstarken der Rechten in Deutschland. Dazu zähle der vermehrte Konsum rechter Medien (wie der Jungen Freiheit), das Erstarken rechter Parteien und zunehmende Proteste. Neben Pegida nannte er auch Demonstrationen etwa gegen Flüchtlingsheime.
Timo Reinfrank erklärte das Erstarken der Rechten damit, dass zu lange verleugnet wurde, dass Deutschland eine Einwanderungsgesellschaft ist. Die Stärke von Pegida in Sachsen führte er darauf zurück, dass dort linke Kräfte systematisch zurückgedrängt würden. Inzwischen gäbe es in Sachsen sogar eine Sonderpolizeieinheit, um kriminelle Asylsuchende aufzuspüren. Dies sei der Nährboden für Pegida.
Die Antwort auf diese Entwicklungen dürfe allerdings nicht sein, sich die Themen von Pegida und AfD anzueignen. Alle PodiumsteilnehmerInnen sprachen sich auch dagegen aus, Pegida-Demonstranten aufzuwerten, indem man etwa an Diskussionen mit ihnen teilnehme. Man dürfe nicht so tun, als ob sie berechtigte Anliegen hätten. Wer bewusst Gruppen von Menschen ausgrenzen wolle, könne kein gleichberechtigter Gesprächspartner der demokratischen Parteien sein. Stattdessen müssten sich die etablierten Parteien auf die Seite derjenigen stellen, die von Pegida angefeindet würden. Timo Reinfrank hob Brandenburg an dieser Stelle positiv hervor. Hier positioniere sich der Dietmar Woidke eindeutig für das Recht auf Asyl und Willkommenskultur.
Ein weiteres wichtiges Thema war auch ein neues Einwanderungsgesetz. Maja Lasic begrüßte es, dass der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann mit einem Einwanderungsgesetz auf die Pegida-Demonstrationen reagierte. Denn die Antwort auf das Erstarken der Rechten müsse „mehr Einwanderung und mehr Vielfalt“ lauten. Allerdings dürfe Zuwanderung nicht nur nach ökonomischen Gesichtspunkten der Nützlichkeit von EinwandererInnen erfolgen. Wenn wir nur jene nach Deutschland kommen lassen, die uns nützen, gießen wir Wasser auf die Mühlen der Rechtspopulisten. Daher müssten die etablierten Parteien im Zusammenhang mit Einwanderung auch immer das Recht auf Asyl hochhalten, ergänzte Timo Reinfrank.
Abschließend erklärte Sebastian Friedrich, die politische Linke müsste bei den Themen, die von Pegida und AfD besetzt würden, deutliche Alternativen zur vorherrschenden Politik herausarbeiten. Sonst könne es sein, dass Menschen, die sich eine andere Politik wünschten, die AfD in vielen Bereichen als einzige ernstzunehmende Alternative wahrnähmen. Als Beispiel nannte er Antworten auf die Finanzmarkt- und Eurokrise. Gerade hier muss deutlicher ein linker Gegenvorschlag zur bisherigen Krisenerzählung entwickelt werden.
Abschließend fasste Hilde Mattheis zusammen, dass gerade den etablierten Parteien die Aufgabe zukomme, eine klare Haltung gegenüber rechtspopulistischen Bewegungen zu vertreten. Dabei komme auch der SPD-Linken Verantwortung zu, innerparteilich immer für eine klare und harte Haltung der Partei zu sorgen. Es dürfe bei den etablierten Parteien keine Kompromisse aufgrund von Druck durch rechtspopulistische Bewegungen geben. Sie sollten vielmehr für Grundrechte wie das Recht auf Asyl und für eine Willkommenskultur werben. Zudem müsse für ein sozialeres und gerechteres Europa geworben und der neoliberalen Krisenpolitik eine linke Politik entgegengestellt werden. Dabei sei es wichtig auch den Austausch mit anderen linken Parteien in Europa zu suchen.
Wer die Diskussion noch einmal anschauen möchte, findet hier den Link zum Video.