Angesichts des Europa-Wahlkampfes und der politischen Bedeutung der europäischen Idee für die deutsche Linke hat sich die neu gegründete Regionalgruppe DL21-NRW dazu entschlossen, als Auftaktveranstaltung für das Jahr 2014 zu einer europapolitischen Diskussion mit der Europaministerin von Nordrhein-Westfalen, der Genossin Dr. Angelica Schwall-Düren, einzuladen.
Die Veranstaltung fand am Samstag, den 10.5.2014, um 9:00 Uhr, in Düsseldorf statt. Als Format für die Veranstaltung wählte der Koordinationskreises DL21-NRW eine Diskussionsveranstaltung mit anschließendem gemeinsamen Frühstücksbrunch für alle Teilnehmer.
Pünktlich um 9:00 Uhr wurde die Veranstaltung eröffnet und nach einer kurzen Einführung in das Thema der Veranstaltung das Wort der Referentin erteilt.
Die Ministerin konzentrierte sich in ihrem Vortrag auf einige Schwerpunkte, mit deren Hilfe sie die Bedeutung der Europa-Politik für die Sozialdemokratie herausarbeitete.
An den Anfang ihres Vortrages stellte die Ministerin die Feststellung, dass es dem Grunde nach in Europa weder eine Euro-Krise noch eine Europa-Krise gibt. Die Referentin erinnerte daran, dass die Euro-Krise und die sich daran anschließenden Krisen in einigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ursächlich zurückzuführen sind auf eine Banken-Krise, die das weltweite Finanzsystem im Ganzen erschüttert haben. Die so genannte Euro-Krise ist damit nur Folge und dramatischer Ausdruck der Krise des weltweiten Finanzsystems.
Im Weiteren machte sie deutlich, dass die politische Diskussion auf die Bekämpfung der tatsächlichen Ursachen der Euro-Krise konzentriert werden muss, um den politischen Kräften den Wind aus den Segeln zu nehmen, die unter Hinweis auf die Wirtschaftskrisen in einigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union die europäische Idee grundsätzlich in Frage stellen.
Nur durch eine offensive politische Diskussion, die die notwendigen Schritte zur Regulierung der Finanzmärkte und des Bankensektors konsequent einleitet und durchführt, werden die tatsächlichen Ursachen für die Euro-Krise langfristig beseitigt werden können. Auf der Grundlage einer solchen Politik kann die politische Idee eines vereinten Europas in einer aktiven Form wieder aufgegriffen und offensiv vertreten werden. Nur durch eine Politik, die die tatsächlichen Ursachen der Krise bekämpft, kann den politischen Kräften entgegengetreten werden, für die die Euro-Krise nur der äußere Anlass ist, um ihre europafeindliche Politik und damit den Rückfall in die nationalistische Vergangenheit zu begründen.
Unabhängig von ihrer Einschätzung der Ursachen der Euro-Krise machte die Ministerin auf die massiven Folgen der Euro-Krise für erhebliche Teile der europäischen Bevölkerung aufmerksam. Hierbei stellte sich insbesondere auf das Problem der Jugendarbeitslosigkeit in vielen der betroffenen europäischen Länder ab.
Die Ministerin machte deutlich, dass die Perspektivlosigkeit, die sich aus der Arbeitslosigkeit für einen großen Teil der europäischen Jugend ergibt, eine Politik erzwingt, die kurzfristig effektive Maßnahmen einleitet, um den betroffenen Jugendlichen eine Zukunftsperspektive zu bieten und damit die Möglichkeit zu verschaffen, das eigene Leben aktiv zu gestalten. In diesem Zusammenhang wies die Referentin auf unterschiedliche Maßnahmen der Europäischen Union zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit hin. Gleichzeitig zeigte sie aber auch die Grenzen dieser Maßnahmen auf, die sich zum Teil auch aus der mangelhaften administrativen Struktur einiger der betroffenen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ergeben.
Der Vortrag der Ministerin macht an dieser Stelle deutlich, dass auch bei einer Überwindung der Haushaltskrise in den betroffenen Staaten der Europäischen Union noch ein erheblicher Handlungsbedarf bestehen bleiben wird, bis die Folgen der Euro-Krise für die betroffenen Bevölkerungsteile tatsächlich überwunden sind. Die Euro-Krise bleibt damit auch für die Zukunft eine erhebliche Herausforderung für die Europapolitik und für die Gestaltung eines sozialen Europa. Dieser Aufgabe müssen sich insbesondere die Sozialdemokraten aktiv stellen, da aus Sicht der Ministerin eine dauerhafte Jugendarbeitslosigkeit in Europa auf dem bisherigen Niveau sich langfristig als die größte Gefahr für die europäische Idee darstellt.
Abschließend machte der Vortrag ein aktuelles Thema der Europa-Politik zum Gegenstand der Ausführungen, d.h. das Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und den USA, welches zurzeit von der europäischen Kommission mit den USA verhandelt wird.
Die Vorbehalte eines Teils der europäischen Öffentlichkeit und vieler politischer Organisationen gegen dieses Freihandelsabkommen wurden von der Ministerin in weiten Teilen geteilt. Insbesondere den beabsichtigten Regelungen zum Investitionsschutz stand die Ministerin erkennbar skeptisch gegenüber. Gleichzeitig wies die Referentin aber darauf hin, dass die Diskussion über das beabsichtigte Freihandelsabkommen von den tatsächlichen Verhandlungsbedingungen ausgehen muss und nicht von unbegründeten Befürchtungen, die keine Grundlage im Verhandlungsmandat der europäischen Kommission haben.
Um die Diskussion über das Freihandelsabkommen konstruktiv führen zu können, ist es aus Sicht der Ministerin unbedingt erforderlich, dass sich die Diskussion auf den tatsächlichen Inhalt der Verhandlungen bezieht und nicht auf Aspekte, die vom Verhandlungsmandat der europäischen Kommission nicht erfasst sind
Abschließend machte die Ministerin mit ihrem Vortrag deutlich, dass die Europa-Politik für die Sozialdemokratie und die gesamte europäische Linke eine politische Herausforderung darstellen, deren Bedeutung bisher unterschätzt wurde. Die Ministerin forderte die Anwesenden auf, sich aktiv in die politischen Diskussionen einzubringen, die für die Fortentwicklung der europäischen Idee von Bedeutung sind. Die leidenschaftliche Aufforderung zur aktiven Teilnahme am politischen Gestaltungsprozess der Europäischen Union wurde von der Veranstaltung als Arbeitsauftrag für die Zukunft verstanden.
Im Sinne dieses Arbeitsauftrages traten die Anwesenden und die Ministerin in eine lebhafte und interessante Diskussion über die von der Referentin angesprochenen Fragen ein. Im Rahmen dieser Diskussion wurde deutlich, dass die Mehrheit der Teilnehmer daran interessiert ist, das Thema Europa-Politik aufzugreifen und im Rahmen der Arbeit von DL21-NRW zu einem Schwerpunkt zu machen.
Leider war der Terminkalender der Ministerin, bedingt durch den Europawahlkampf, so eng, dass die Referentin nach ca. 2 Stunden die Veranstaltung verlassen musste.
Der engagierte Vortrag der Ministerin hatte zur Folge, dass die Teilnehmer der Veranstaltung die Diskussion fortsetzten und die Gelegenheit des sich anschließenden gemeinsamen Frühstücks nutzten, um die aufgeworfenen Fragen vertieft zu diskutieren und zu besprechen, in welcher Form in Zukunft im Rahmen von DL21-NRW die Europapolitik zum Thema gemacht werden kann.
Nach einer teilweise kontroversen Diskussion kamen die Anwesenden über ein, den vom Koordinationskreises DL21-NRW bereits eingerichteten Arbeitskreis Europa-Politik zu nutzen, um das Thema des Freihandelsabkommens aktiv aufzugreifen.
In der Sache ist beabsichtigt, zum Thema Freihandelsabkommen weitere Veranstaltung durchzuführen und Kontakt zu Organisationen in NRW aufzunehmen, die sich mit diesem Thema ebenfalls befassen, um die politische Diskussion über das Freihandelsabkommen und die damit im Zusammenhang stehenden Probleme auf eine möglichst breite und handlungsfähige Basis zu stellen.
Da die Veranstaltung somit zu weiteren Aktivitäten von DL21-NRW im Bereich der Europapolitik führen wird, kann abschließend festgestellt werden, dass die Auftaktveranstaltung von DL21-NRW für das Jahr 2014 erfolgreich war. Alle DL21-Mitglieder und interessierten Genossinnen und Genossen aus der SPD sind eingeladen, sich an der zukünftigen Arbeit der Regionalgruppe DL21-NRW zu beteiligen und sich aktiv insbesondere in die europapolitische Diskussion einzubringen, die uns in den nächsten Monaten bevorsteht.
Detlev Balg – DL21-Köln
Mitglied des Koordinationskreises DL21-NRW