Trauer um Wolfgang Gunkel
(15. Mai 1947 Berlin bis 13. August 2021 Sachsen)
Ab 1976 engagierte sich ein Polizist bei den Neuköllner Jungsozialisten und trat als SPD-Linker im ultra-SPD-rechten SPD-Kreis Neukölln ein. Für Wolfgang Gunkel blieb der Ausschluss aus der SPD seines Idols, des JUSO-Bundesvorsitzenden Klaus-Uwe Benneter zeitlebens prägend. Es gab damals etliche „Linke“ in der Berliner Polizei, einige blieben ihrer politischen demokratischen Meinung treu (brachten es sogar ohne Rückgradverkrümmung in Führungspositionen).
Mit der Wende floh Wolfgang Gunkel vor den rechten Neuköllner SPDlern hoffnungsvoll nach Sachsen. Hier wurde er 1997-1999 Prorektor der Fachhochschule für Polizei Sachsen. Anschließend wurde er Leiter der Polizeidirektion Oberlausitz-Niederschlesien. Wolfgang war in Sachsen Vorsitzender des SPD-Unterbezirks Neiße. Sein Fachgebiet war Innen- und Sicherheitspolitik. Stolz berichtetet er davon, wie er mit seiner Polizei Nazi-Diskotheken schließen ließ. Auch im Bundestag war er immer dabei, Ratschläge beim Engagement gegen Rechts zu geben, was der Polizei gegenüber zu beachten war.
2005 bis 2017 war Wolfgang Gunkel über die Landesliste Sachsen Bundestagsabgeordneter. Wolfgang blieb immer ein SPD-Linker in der Partei, die Parlamentarische Linke (PL) war ihm zu soft und angepasst. Einen spektakulären Auftritt hatte er auf dem Nominierungsparteitag der Berliner (!) SPD zur Bundestagswahl 2009, als er die Nominierung von Klaus-Uwe Benneter auf Listenplatz 5 durchsetzte.
Der war ihm zwar als Generalsekretär zu angepasst gewesen – und Hartz IV und das Schröder-Blair-Papier hat Wolfgang abgelehnt –, aber im Bundestag brauchte er ihn.
Bei den Januar-Treffen der ostdeutschen SPD-Linken war Wolfgang regelmäßig dabei. Wir erinnern uns gerne an das Kinderfest, welches wir für Wolfgang im Bundestagswahlkampf 2009 in Görlitz organisiert haben. Er war immer wieder Referent in unserem Dahlemer Ortsverein.
Auch fortschrittliche Initiativen in Berlin hat Wolfgang regelmäßig unterstützt: als wir für die Digitalisierung des fortschrittlichen BALI-Kinos – einem regionalen Programm-Kino – 10.000 € spenden mussten, gab es viele Kleinspenden und Wolfgangs großzügige Dauerspende über Jahre.
Gegen Krieg und Faschismus war Wolfgang zeitlebens. Wie recht er mit seiner Ablehnung des Krieges in Afghanistan hatte, hat er nicht mehr erlebt. Wie hohl und verlogen die Begründungen der Befürworter auch in der eigenen Fraktion waren, hat er immer wieder kritisiert.
Wolfgang war lange krank, er hatte einfach keine Luft mehr und war nur noch schwer mobil. Trotzdem ist sein Tod überraschend. Wir werden ihn sehr vermissen, Wolfgang meldete sich regelmäßig aus dem sächsischen Off zur allgemeinen Lage und bedankte sich für Aktivitäten und Infos.
Burkhard Zimmermann, DL21-Vorstandsmitglied
PS.: Übrigens Wolfgang war ein begnadeter und erfolgreicher Vereins-Schachspieler
Ergänzend zu dem von Burkhard Zimmermann formulierten Nachruf auf Wolfgang Gunkel, möchte ich als jemand, die mit Wolfgang von 2005 bis 2017 als Kollegin im Bundestag gearbeitet hat, Anmerkungen machen.
Wolfgang Gunkel hat im Bundestag auch zu einem kleinen Kreis um Otmar Schreiner und Rüdiger Veit gehört, in dem sich im Kern 9 Kolleginnen und Kollegen immer wieder versammelt haben und ihre fundierte Kritik am Regierungshandeln formuliert haben und sich gegenseitig im Abstimmungsverhalten gestärkt haben.
Für Wolfgang und alle, die dem Kreis angehörten, war der sehr vertrauensvolle Austausch immer sehr wichtig.
Besonders das gemeinsam erstellte Papier der 60, das neben einer Analyse auch programmatische Ziele beinhaltete, war für Wolfgang ein Haltepunkt auch für seine Politische Arbeit im Wahlkreis. Mehrfach hat er in Veranstaltungen in Görlitz und anderswo darauf Bezug genommen. Immer verbunden war damit sein Bestreben, dass wir als SPD auf der Grundlage unsere Werte Politik machen.
Dafür hat Wolfgang immer gestanden, dafür wurde er von allen geschätzt und bewundert.
Nach Otmar Schreiner, Rüdiger Veit und Ewald Schurer verlieren wir mit Wolfgang Gunkel ein weiteres Mitglied der -wie wir alle scherzhaft uns nannten – der G 9.
Ich habe auch von Wolfgang Gunkel viel gelernt und bin sehr dankbar für die Jahre, in denen wir gemeinsam in der Bundestagsfraktion agiert haben.
Hilde Mattheis, MdB, DL 21 Bundesvorsitzende