Zum heute abgeschlossenen Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD äußert sich Hilde Mattheis kritisch:
Das Forum Demokratische Linke 21 hat aufgrund des SPD-Wahlergebnisses eine weitere Große Koalition seit dem Wahlabend konsequent abgelehnt und war mit dieser Haltung zu Beginn in großer Übereinstimmung mit der Parteispitze. Eine Große Koalition sollte in einer parlamentarischen Demokratie eine Ausnahme bleiben, denn sie verwischt die Unterschiede der Volksparteien. Die Demokratie lebt von politischen Alternativen zwischen linken und rechten Parteien. Zudem führen Große Koalitionen -wie auch die Erfahrung vieler europäischer Länder zeigen- zum Erstarken rechter und rechtspopulistischer Parteien.
Auch dieser Vertrag zur Großen Koalition muss als einer des kleinsten gemeinsamen Nenners bezeichnet werden. Der große Wurf kann bei einem solchen Bündnis leider nicht gelingen. Die großen gesellschaftlichen Herausforderungen wie die Spaltung zwischen Arm und Superreich, die ökologische Katastrophe, auf die wir zusteuern, oder die Eindämmung der Macht der Finanzmärkte werden nicht angegangen.
Beispielhaft stehen hier die drei Forderungen des SPD-Parteitages vom 21. Januar: Beim Familiennachzug setzt die SPD ihre Hoffnungen in die bestehende Härtefallregelung, rechtlich Verbindliches gibt es nicht. In der Arbeitsmarktpolitik sollen Kettenbefristungen unter bestimmten Bedingungen verhindert werden. Aber als Gegenzug bekommen die Arbeitgeber eine Flexibilisierung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit, die im Sondierungspapier noch verhindert wurde. Und eine Öffnung der GKV für Beamte kommt überhaupt nicht.
Mit solchen Einigungen kann der nötige Aufbruch in Deutschland nicht gestaltet werden, auch wenn die SPD guten Willens ist. Die großen Herausforderungen können nicht in Spiegelstrichen angegangen und bewältigt werden. Dieses Land braucht eine Politik mit klaren verteilungsgerechten Zielsetzungen.