von Dr. Wolfgang Tautz
Ausbildungsmandat für den Nord-Irak
Im Bundestag soll am 29. 01. 2014 über das Mandat zur Ausbildung Kurdischer Kämpfer im Nord-Irak abgestimmt werden. Dazu liegt der Antrag der Bundesregierung vom 16. 12. 2014 vor. Kommt dieses Mandat zustande, dann löst dieses eine Reihe von Widersprüchen aus: Dazu gehört die völkerrechtliche Legitimität ohne klares UNO-Mandat oder „Bündnisverpflichtung“. Reichen die Verfassungs- und völkerrechtlichen Grundlagen laut Antrag der Bundesregierung aus? Ein Widerspruch entsteht aber auch dadurch, wenn Deutschland in einen seit dem Jahre 2003 bestehenden Konflikt eingebunden wird, aus dem es sich damals bewusst heraus gehalten hat.
Konfliktursache und Verantwortung
Was jetzt im Nord-Irak geschieht, das ist eine der Folgen des völkerrechtswidrigen Irak-Krieges seit dem Jahr 2003. Die Terrororganisation ISIS kämpft in den instabilen Staaten Irak und Syrien, die USA und ihre Verbündeten reagieren mit Luftwaffeneinsätzen dagegen. Verantwortlich als Verursacher dieses Konfliktes sind und bleiben aber die USA und ihre damaligen Koalitionäre, vor allem die Briten, durch den völkerrechtswidrigen Irak-Krieg seit 2003. Sie bestimmen maßgeblich auch, was jetzt geschieht. Sie verfügen über die Mittel, möchten aber verständlicherweise die Lasten teilen. Wer sich dem anschließt, bestimmt nicht wirklich über Strategie und Taktik des Vorgehens. Aber er läßt sich damit in die Verantwortung für alles zukünftige Scheitern ebenso wie neue Verstöße gegen das Völkerrecht einbeziehen.
Unterschiedliche Interessen der Teilnehmerstaaten
Die USA haben bereits bekundet, dass sie als ein Mittel im Kampf gegen ISIS auch „moderate Aufständische“ in Syrien ausbilden und kampfbereit machen wollen. Die Türkei hat erkennen lassen, wie ihre Mitwirkung durch das Kurdenproblem im eigenen Land geprägt wird und sie dringt auf eine Flugverbotszone in Syrien. Die PKK und Assad bleiben ihre Hauptgegner. Die Interessen der Golfstaaten werden im Konfliktgebiet durch religiöse Vorherrschaft und Erdöl bestimmt. Sie bombardieren die Erdölanlagen, die sich unter Kontrolle von ISIS befinden. Sie bekämpfen damit auch wirtschaftliche Konkurrenz.
Unterschiedliches Handeln – gemeinsame Verantwortung
Die Ausbildung kurdischer Kämpfer durch die Bundeswehr in Nord-Irak an den dorthin bereits gelieferten Waffen ist nur ein Teil des Gesamtprojektes Kampf gegen ISIS. Durch die Schaffung eines Koordinierungsstabs für die Ausbildungsunterstützung aus den beteiligten Staaten bekommt die Verantwortung einen strukturellen Rahmen: Indem Deutschland diesem Stab angehört und ihn das erste halbe Jahr führt, kann es zwar über seinen Teil der Mitwirkung bzw. Nicht-Mitwirkung entscheiden. Es trägt damit aber auch Verantwortung für andere ausbildende Staaten und deren Handeln. Nach welchen Rechtsnormen und Regeln werden diese aber handeln?
Wie im Irak-Krieg 2003 bildet sich eine neue Koalition der Willigen heraus. 60 Staaten werden jetzt gezählt, die in der einen oder anderen Form mitwirken. 21 Staaten als Kern dieser Koalition trafen sich am 22. Januar 2015 in London zu weiteren Absprachen. Auch wenn Deutschland sich nicht an deren Luftwaffeneinsätzen beteiligt, so wird es als ein Land der 60 Koalitionäre als Unterstützer eingeordnet werden! Das kann niemals Deutschlands Absicht sein!
Im Mandat werden sowohl die kurdische Regional-Regierung wie auch die irakische Zentral-Regierung als Partner des Einsatzes genannt (local ownership). Es ist fraglich, ob eine regionale Regierung überhaupt ein völkerrechtlicher Vertragspartner sein kann. Hier droht dann ein Konflikt, wenn es zu separatistischen Differenzen zwischen Zentral- und Regional-Regierung kommt!
Schlussfolgerung
Deutschland hat 2003 mit der Verweigerung einer Beteiligung am Irak-Krieg und dessen Ablehnung im UNO-Sicherheitsrat ein wichtiges Zeichen gesetzt für seine Emanzipation in der Außen- und Sicherheitspolitik. Die hämischen Versuche danach, deutsche Agenten als Mitverantwortliche dieses Krieges darzustellen, könnten jetzt nach deutscher Beteiligung mit militärischen Mitteln, welcher Art auch immer, wiederbelebt werden. Diese Emanzipation und auch ihre Symbolik darf nicht aufs Spiel gesetzt werden! Deutsche Politik darf nicht für eine nachträgliche Zustimmung Deutschlands zum völkerrechtswidrigen Irak-Krieg ausgenutzt werden können!
Wolfgang Tautz